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Kommentar: Carsten Linnemann und die Arbeitsmoral der Deutschen

  • Autorenbild: Sascha Wendt
    Sascha Wendt
  • 26. Mai
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Mai



Carsten Linnemann steht in der Kritik. Warum das  so ist und wie die öffentlichen Reaktionen sind,  lesen Sie in meinem Artikel!
Carsten Linnemann steht in der Kritik. Warum das so ist und wie die öffentlichen Reaktionen sind, lesen Sie in meinem Artikel!

Es ist ein Thema, das die Bundespolitik seit Monaten, vielleicht sogar seit Jahren beschäftigt: Die Arbeitsmoral der Deutschen und die grundsätzliche Meinung, der gewöhnliche Arbeiter in Deutschland arbeite zu wenig. Nun hat der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im ARD-Talk der Journalistin Caren Miosga mit einer Aussage für Furore gesorgt: Auch Rentner in Deutschland arbeiten zu wenig. Ein Affront für eine Bürgerschicht, die Jahrzehnte ihres Lebens für diesen Staat an Arbeitskraft und Steuerzahlungen geopfert hat.


Zu Wenig Arbeitsleistung: Weniger Feiertage und mehr als 8 Stunden Arbeit pro Tag?!


Bereits im Wahlkampf zur Bundestagswahl im Februar 2025 hat die CDU-Basis die Arbeitsmoral der Deutschen stark kritisiert. Der nun amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz hatte bereits im September vergangenen Jahres dazu gemahnt, Arbeit nicht nur als „unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit“ zu sehen, sonst führe dies „in einen massiven Wohlstandsverlust“. Doch wie viel arbeiten wir wirklich im Vergleich zu anderen Ländern in Europa?


Es ist leider wahr, dass die Deutschen im Vergleich mit Europa da eher schlecht abschneiden. Mit 34,8 Arbeitsstunden pro Woche belegt Deutschland eine der letzten Plätze innerhalb der EU, nur Dänemark und die Niederlande arbeiten noch weniger. Dazu stagniert die Deutsche Wirtschaft schon im dritten Jahr hintereinander und erwartet nur ein Nullwachstum. Auf den ersten Blick scheint die Debatte deshalb durchaus verständlich. Doch die damit verbundenen Vorschläge der CDU, die Deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln, wirken verzweifelt und einfallslos.


Kritik an Linnemann: Menschen sind nach 45 Beitragsjahren physisch und psychisch ausgelaugt!


In den vergangenen Wochen schlug Friedrich Merz zum einen vor, einen Feiertag im Jahr zu streichen. Außerdem soll es nur noch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit geben und der tägliche 8-Stunden-Tag solle dafür weichen. Kritik kam hierbei besonders von Gewerkschaften. Die neuesten Entgleisungen in der Debatte kommen aber von Generalsekretär Carsten Linnemann (CDU). Bei der ARD-Sendung argumentierte dieser: "Rentner arbeiten zu wenig." Die Idee dahinter: Wenn Rentner doch noch freiwillig arbeiten, sollen sie die ersten 2000€ steuerfrei erhalten.


Man könnte meinen, wenn dass Rentenalter erreicht wird und man Jahrzehnte lang Steuern gezahlt und in die Sozialsysteme einbezahlt hat, erwartet einen das, was die Rente bisher verspricht, nämlich Ruhe(stand). Die neuesten Ideen des Generalsekretärs wirken deshalb unreflektiert und er erntet dafür parteiübergreifende Kritik. Die AfD-Bundestagsfraktion warf Linnemann auf Ihrer Webseite vor, vom eigenen Versagen ablenken zu wollen, da sie Probleme, wie den viel zu hohen Bürgergeldbezug von Migranten nicht ansprechen wollen würden. Die Linke veröffentlichte auf X (ehemals Twitter) ein empörtes Video über die Lebensrealitäten von Rentnern. Der Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) räumte tiefgreifende Probleme in Deutschland ein, im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. Das könne allerdings nicht dadurch erreicht werden, indem man fleißige Menschen in Deutschland demotiviere oder gar beleidige.

 

 

Die Gewerkschafterin Christiane Benner, die im ARD-Talk ebenfalls bei Miosga eingeladen war, kritisierte Linnemanns Vorstoß ebenfalls. Viele Menschen seien körperlich und psychisch nicht mehr in der Lage, viel zu arbeiten. Die Argumente von Linnemann und Merz wirken deshalb zunehmend herablassend. Die momentane Durchschnittsrente in Deutschland nach 45 Versicherungsjahren liegt bei 1543 Euro. Zum Vergleich: Carsten Linnemann ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. Nach 21 Jahren Parlamentsmitgliedschaft (also in 5 Jahren), hat er Anspruch auf 52,5% der monatlich ausgezahlten Altersentschädigung (~ monatlich 11227€), also ca. 5,894€ Brutto. Über Linnemanns Privatleben ist nicht viel bekannt. Gehen wir davon aus, dass er kinderlos und nicht verheiratet ist und damit in der Lohnsteuerklase I eingeordnet wird. Dann bleiben ihm nach Abzügen noch gute 4072€ Netto. Im Vergleich zur Durchschnittsrente in Deutschland nach 45 Beitragsjahren, ist das mehr als doppelt so viel! 


Die Forderungen des CDU-Generalsekretärs wirken dadurch abgehoben und realitätsfern. Selbstverständlich sollte man darüber diskutieren, wie die Deutsche Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann. Bessere Versorgungsmöglichkeiten für Kinder, deren Eltern in Vollzeit arbeiten wollen; Steuersenkungen; Bürokratieabbau etc. Das alles sind Möglichkeiten, die ihre Vor- und Nachteile haben und öffentlich diskutiert werden können. Politiker wie Linnemann sollten es aber unterlassen, einzelne Bevölkerungsschichten, wie Rentner, in die Geiselhaft zu nehmen und von diesen zu erwarten, sie müssten im wohlverdienten Ruhestand noch mehr leisten, unabhängig davon, das sie im Erwerbsleben schon genug gearbeitet haben. Politiker dienen „dem Deutschen Volke“. Deshalb wäre ein wenig Demut an dieser Stelle angebracht.

 


 

 
 
 

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Sascha Wendt

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