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Die Linke und das Feindbild Israel: Antisemitische Tendenzen im Überblick

  • Autorenbild: Sascha Wendt
    Sascha Wendt
  • 18. Mai
  • 4 Min. Lesezeit


Die Linke will eine andere Definition von Antisemitismus. Warum und welche Konsequenzen folgen müssen lesen Sie hier im Artikel!
Die Linke will eine andere Definition von Antisemitismus. Warum und welche Konsequenzen folgen müssen lesen Sie hier im Artikel!

In der vergangenen Woche verabschiedete die Partei „Die Linke“ auf ihrem Parteitag in Chemnitz  einen Beschluss, von nun an die Antisemitismusdefinition der sogenannten „Jerusalem-Erklärung“ zu verwenden. Damit rückt die Partei von dem allgemeinen Standard ab, die IHRA-Definition zu verwenden. Ein Schritt, den auch der Zentralrat der Juden stark kritisiert. Bereits in der Vergangenheit wurde die Partei durch antisemitische Zwischenfälle auffällig.






Antisemitismus ist ein gesellschaftsübergreifendes Problem!


In der öffentlichen Debatte gilt die Abneigung gegenüber Juden zumeist als ein Problem, das von der politischen Rechten stammt. Verständlich, denn jeder lernt über die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die Schoah, also den Holocaust, bereits in der Schule und  der Besuch einer KZ-Gedenkstätte ist in manchen Bundesländern wie Bayern für Schüler sogar Pflicht. Umso geringer ist dazu das Bewusstsein, dass Antisemitismus ein gesellschaftsübergreifendes Problem ist, unabhängig von der politischen Gesinnung und Nationalität. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren in ganz Europa Ressentiments gegen Juden stark verbreitet. Im russischen Zarenreich zum Beispiel gab es vermehrt Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung.2 Fast zur gleichen Zeit spiegelt in Frankreich der Justizskandal um den jüdischen Offizier Dreyfus den Ausgangspunkt des modernen Antisemitismus wider.


Auch unter Linksextremen haben jüdische Anfeindungen leider historische Tradition. Bereits die KPD der 1920er Jahre bezeichnete die begonnene zionistische Bewegung in Palästina als „jüdisch-faschistische Legion.“ Und auch heute, nachdem die Partei während der NS-Zeit verboten wurde; in der DDR als „Sozialistische Einheitspartei“ (SED) bekannt war, ist sie auch heute nach der Wende 1990 als „Sie Linke“ im Bundestag vertreten und sorgt immer wieder für antisemitische Debatten. Die Gruppierung „Marx 21“ innerhalb der Partei verharmlost den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und behauptet, die Terroristen hätten lediglich von ihrem „Recht auf Widerstand gegen Israel" Gebrauch gemacht. Die Konrad-Adenauer-Stiftung argumentiert, dass linker Antisemitismus sich auf eine Weltsicht stützt, in der Israel kein Zufluchtsort für Juden, sondern lediglich der Versuch einer „Endlösung der palästinensischen Frage“ darstelle und sich insbesondere innerhalb der Partei Die Linke auszeichnet. So wurde in der Vergangenheit von Parteipolitikern zum Boykott israelischer Waren aufgerufen und die Förderung eines Synagogenbaus abgelehnt.


Die Linke streitet um die Definition von Antisemitismus!


Am 11. Oktober 2024 wollte die Partei Die Linke auf ihrem Landesparteitag der Berliner Linke einen Antrag verabschieden, mit dem sie sich inhaltlich mit den jüngsten antisemitischen Vorwürfen auseinandersetzen wollte. Einzelne Delegierte brachten daraufhin Änderungsanträge ein, insbesondere die wissenschaftliche Definition, unter der man Antisemitismus betrachtet, wurde kritisiert. Daraufhin verließen einzelne Teilnehmer empört den Saal, so auch die Bundestagsabgeordnete Petra Pau.


Die allgemeine Definition, die dem Antrag zugrunde lag, kommt von IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) aus dem Jahr 2016 und wurde von 35 Staaten (auch Deutschland) verabschiedet. Sie beinhaltet unter anderem die Leugnung des Existenzrechts Israels oder auch die Gleichsetzung Israels mit dem NS-Regime. Sie wird sowohl vom Zentralrat der Juden unterstützt und findet auch in der Europäischen Union Verwendung. Kritisiert wird allerdings, dass es der Definition an Klarheit mangle und eher als politisches Instrument eingesetzt werde.

 

Dem jüdischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung abzusprechen, z. B. durch die Behauptung, die Existenz eines Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen. ~ Leitlinien der IHRA-Definition zu Antisemitismus

 


Nun hat Die Linke auf ihrem neuesten Parteitag in Chemnitz beschlossen, sich von dieser allgemeingültigen Definition des Antisemitismus zu verabschieden und die sogenannte „Jerusalemer Erklärung“ hierfür anzunehmen. Diese ist kürzer als IHRA und betont lediglich die Diskriminierung, Vorurteilen, Feindseligkeiten und die Gewalt gegenüber Jüdinnen und Juden (oder jüdischen Institutionen). Über 200 Wissenschaftler unterstützen diese Definition. Mit dieser soll nun erreicht werden, dass Israel als Staat kritisiert werden kann, ohne gleich mit Antisemitismusvorwürfen konfrontiert zu sein.


Antisemitismus bezeichnet Diskriminierung, Vorurteile, feindliche Einstellungen oder Gewalt, die sich gegen Juden als Juden oder gegen jüdische Einrichtungen in ihrer Eigenschaft als jüdisch richten. ~Jersualemer Erklärung zum Antisemitismus

Diese Entscheidung löste öffentliche Kritik aus. Der Zentralrat der Juden kritisierte das Vorgehen der Linken und wirft der Partei „Israelhass“ vor. Die Linke stehe nicht an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland. Die Partei verteidigte ihre Entscheidung intern mit dem Argument, die IHRA-Definition sei ein repressives Instrument, um unliebsame Kritik und politischen Protest zu verhindern. Nach dem Beschluss in Chemnitz haben sich dazu 53 weitere Forscher zu der Debatte geäußert und den Beschluss der Linken unterstützt. Damit ist klar, dass die Entscheidung der Partei sowohl Kritik als auch Unterstützung hervorgerufen hat. Dennoch geht es hierbei nicht nur um die Partei selbst und die Frage, welche Definition am besten angebracht ist. Die Entscheidung sollte auch im im Kontext der aktuellen Ausprägungen von Judenfeindlichkeit in Deutschland und weltweit betrachtet werden.  


Steigender Antisemitismus und eine inkonsequente Linke!


Die Anti-Defamation League (ADL) veröffentlichte hierzu am 8. Mai eine Statistik, in der antisemitische Vorfälle in den sieben Ländern mit den größten jüdischen Gemeinden außerhalb Israels aufgelistet werden. Sowohl Deutschland, die USA, Frankreich und auch Großbritannien verzeichneten seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 einen massiven Anstieg. In gesamt Deutschland werden bis heute sogenannte „Pro-Palästina“-Demonstrationen abgehalten, in welcher der Holocaust relativiert,  Hitlergrüße gezeigt und die Terrororganisation Hamas verharmlost wird.


Angesichts dieser Entwicklungen bleibt festzuhalten: Die Frage, wie Antisemitismus definiert wird, ist keine rein akademische. Sie entscheidet darüber, 90 – und ob der Staat ihnen den notwendigen Schutz garantiert. Wer sich einer Definition bedient, die Antisemitismus vor allem in abstrakten Begriffen denkt, verliert leicht aus dem Blick, wie konkret und lebensbedrohlich sich Judenhass heute äußert – auf der Straße, im Netz, in Klassenzimmern und auf öffentlichen Plätzen. Dass ausgerechnet eine Partei, die sich historisch dem Antifaschismus verpflichtet sieht, in einem Moment wachsender antisemitischer Gewalt eine Relativierung des israelbezogenen Antisemitismus betreibt, ist nicht nur widersprüchlich. Es ist eine gefährliche Signalwirkung. Der Kampf gegen Antisemitismus darf nicht entlang parteipolitischer Linien geführt werden – sondern entlang moralischer Klarheit. Und die ist gerade jetzt gefragt.

 
 
 

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Sascha Wendt

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